Aktuell steigen die Temperaturen weiter an und die Hitze kann – egal ob am Arbeitsplatz im Büro oder im Homeoffice, im Betriebsfahrzeug, auf der Baustelle oder an anderen Arbeitsplätzen – für viele Arbeitnehmer* sehr belastend sein, sodass sogar die Arbeit darunter leidet. Aber ab wann ist es zu heiß, um zu arbeiten? welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit der Arbeitgeber verpflichtet ist, zu handeln? Gibt es ein Recht auf Hitzefrei für Arbeitnehmer?
Möchtet ihr mehr zu diesem Thema wissen? Falls ja, seid ihr hier genau richtig.
An dem heutigen Dienstag soll eine Hitze von bis zu 40 Grad erwartet werden. Gesundheitlich raten die Mediziner von übermäßiger Belastung ab. Die deutsche Gewerkschaft Verdi fordert sogar anlässlich der steigenden Temperaturen Hitzefrei und längere Pausen für Arbeitnehmer. Doch ist es so einfach wie in der Schule? Kann oder muss der Arbeitgeber ähnlich wie bei den Schulkindern die Arbeit seinen Mitarbeitern HItzefrei geben, um seiner Fürsorgepflicht nachzukommen oder gibt es andere Regeln? Welche Ansprüche haben Angestellte, Schwangere und schwerbehinderte Menschen, wenn die Temperaturen über 26 Grad im Büro, im Homeoffice oder an anderen Arbeitsplätzen im Innenbereich steigen?
In diesem Arbeitsrecht Beitrag erfahrt ihr, ob und welche Gesetze es bei Hitze am Arbeitsplatz gibt, wann der Arbeitgeber handeln muss, welche Personengruppen besonders geschützt sind, welche Besonderheiten im Homeoffice zu beachten sind und was ihr unbedingt für Tipps beachten müsst, damit es nicht zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen kommt. Los geht’s!
Gibt es ein Recht auf Hitzefrei? Rechtsberatung
Die Antwort lautet: NEIN, es gibt keinen Rechtsanspruch auf Hitzefrei! Allerdings muss der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen Maßnahmen ergreifen, wenn das Thermometer eine bestimmte Grenze im Büro überschreitet. Die Pflicht des Arbeitgebers tätig zu werden, wenn es um den “Schutz vor Gefahren für die Gesundheit‘‚ geht, ergibt sich insbesondere aus dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und/oder aus der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.
LEGISPRO bietet umfangreiche Rechtsberatung und berät insbesondere Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsräte über Arbeitsschutzmaßnahmen bei Hitze am Arbeitsplatz.
1. Wann muss der Arbeitgeber handeln?
Das Gesetz gibt bestimmte Temperatur- bzw. Gradzahlen in den Arbeitsräumen als Richtwerte vor, die vom Arbeitgeber beachtet werden müssen:
Im Büro darf die Temperatur nicht über 26 GRAD steigen. Empfohlene Handlungsmöglichkeiten für den ARBEITGEBER sind zum Beispiel die Anbringung einer Sonnenschutzvorrichtung, flexible Arbeits- und Pausenzeiten oder das Bereitstellen von kühlen Getränken. Wer im Freien arbeitet, der ist je nach Gefährdungslage wegen der UV-Strahlung zu schützen und sollte vom Arbeitgeber z.B. mit Sonnencreme und entsprechender Schutzkleidung versorgt werden.
Ab 30 GRAD sind ARBEITGEBER verpflichtet zu handeln. Die vorgenannten Empfehlungen können beispielsweise durch die Lockerung der Bekleidungsregeln (mit Ausnahme von Schutzbekleidung) und / oder Lüftungseinrichtungen ergänzt werden. Bitte beachten: Nach der Arbeitsstättenregel gehen technische und organisatorische Maßnahmen den personenbezogenen Maßnahmen vor.
Steigt die Raumtemperatur über 30 GRAD und reichen die vorgenannten Maßnahmen nicht aus, ist der Raum laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) nicht mehr zum Arbeiten geeignet.
ACHTUNG: Diese Richtwerte sind u.U. NICHT auf bestimmte Betriebsabläufe anwendbar, bei denen raumklimatische Bedingungen notwendig sind.
2. Gibt es besondere Fallgruppen bei Hitze am Arbeitsplatz?
Die Besonderheiten, die kaum jemand kennt, sind zum Beispiel bei Eltern zu finden, deren Kinder HITZEFREI bekommen. Angestellte Eltern können bezahlt freigestellt werden, wenn deren Kinder wegen “Hitzefrei“ nach Hause geschickt werden und wegen kurzfristiger Neuorganisation keine Betreuung vorhanden ist.
Bei Schwangeren und stillenden Müttern, sowie Menschen mit attestierten Gesundheitsproblemen muss der Arbeitgeber bereits ab 26 GRAD handeln.
3. Hitzefrei für schwerbehinderte Arbeitnehmer?
Grundsätzlich gilt die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei dem Thema Hitzeschutz für alle Mitarbeiter, also auch für schwerbehinderte Menschen. Nach dem Sozialgesetzbuch gibt es eine spezielle Regelung für schwerbehinderte Arbeitnehmer, wonach der Arbeitsplatz behindertengerecht angepasst werden muss. Arbeitgeber können einen entsprechenden Antrag auf Förderung der Arbeitsbedingungen beim zuständigen Integrationsamt beantragen.
4. Gelten die Maßnahmen auch im Homeoffice?
Im HOMEOFFICE gelten andere Regeln.
Im Homeoffice läuft es anders als am gewöhnlichen Arbeitsplatz im Büro. Hier kommt es immer auf den Einzelfall an. Zu unterscheiden ist, ob ein TELEARBEITSPLATZ oder eine MOBILE ARBEIT bzw. HEIMARBEIT vereinbart wurde. Bei einem Telearbeitsplatz gelten strengere Regeln, weil Arbeitgeber für die Ausstattung des Arbeitsplatzes ähnlich wie im Büro zuständig sind. Je nachdem, welches Rechtsverhältnis vorliegt, können also weniger strenge Arbeitsschutzvorschriften gelten, weil sich der Zuständigkeitsbereich des Arbeitgebers verlagert. Im Zweifel sollten Arbeitnehmer selbst geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen, um für ihren Gesundheitsschutz zu sorgen. Mehr zu dem Thema HOMEOFFICE findet ihr hier.
5. Können Mitarbeiter einfach die Arbeit verlassen?
Mitarbeiter, bei denen in den Arbeitsräumen die Temperaturgrenzen überschritten werden und die keinen Schutz durch entsprechende Maßnahmen von ihrem Arbeitgeber erhalten, sollten nicht eigenmächtig den Arbeitsplatz verlassen. Hier empfiehlt es sich, Maßnahmen mit dem Arbeitgeber abzusprechen, weil sonst eine ABMAHNUNG wegen Arbeitsverweigerung oder sogar eine verhaltensbedingte KÜNDIGUNG drohen kann.
Was Arbeitnehmer gegen eine unberechtigte Abmahnung tun können, findet ihr in unserem Blogbeitrag: Arbeitsrecht – Was tun bei einer Abmahnung vom Arbeitgeber?
Weitere Infos und Tipps zum Thema Kündigung findet ihr in diesem Blog-Beitrag: Kündigung erhalten: 5 wesentliche Tipps für Arbeitnehmer.
6. Welche Risiken haben Arbeitgeber bei Nichteinhaltung?
Arbeitgeber riskieren eine Geld- oder Freiheitsstrafe, wenn sie ihre Arbeitnehmer bei erhöhter Raumtemperatur weiter arbeiten lassen und je nach Gefährdungslage keine Gegenmaßnahmen ergreifen.
Praktische Tipps rund um das Thema Hitze am Arbeitsplatz
HITZEFREI gibt es also NICHT für Arbeitnehmer! Zum Zwecke des Schutzes vor Gefahren für die Gesundheit seiner Arbeitnehmer, ist der Arbeitgeber aber angehalten, die vorgenannten Richtwerte zu beachten und je nach Einzelfall und Gefährdungslage entsprechende Maßnahmen anzuwenden. Tut er dies nicht, empfiehlt es sich immer, das offene Gespräch mit dem/den Vorgesetzten, der Personalabteilung oder dem Personal-/Betriebsrat zu suchen. Selbstverständlich könnt ihr jederzeit unsere Kanzlei kontaktieren und in einem Erstinformationsgespräch klären, inwieweit es sich lohnen kann, gegen den Arbeitgeber vorzugehen. Vereinbare hierzu am besten eine kostenfreie Ersteinschätzung mit einem LEGISPRO Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht.
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Bilder: Pixabay.com/geralt, Pixabay.com/mohamed_hassan
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